Warum der Garten und die Natur?

Natur und Garten können so viel geben, das viele von uns dringend brauchen:  innere Ruhe, Überblick, Perspektiven, Struktur, Einblick, Ausblick, Jetzt, Fokus, Neugier, Vielfalt, Möglichkeiten, Leichtigkeit, ein Zwinkern, Langsamkeit, faszinierende Details, Bodenkontakt, Erde, Sinne, Kraft, sich erden, Naturverbundenheit, sich selbst als Teil der Natur erkennen, jedes Jahr ein Neuanfang, Achtsamkeit …

Von Anfang an

Ich bin mit einem Selbstversorger-Garten aufgewachsen. Es gab frisches Gemüse und Obst vom Frühjahr bis zum Herbst, Eingemachtes und Eingefrorenes für den Großteil des Winters. Und es gab ausreichend Platz für uns als Kinder zum Spielen und Austoben, später hab ich es sehr genossen, in der Sonne zu sitzen und zu lesen oder zu zeichnen. Das Gärtnern selbst bis auf kindlich-jugendliches Mithelfen war noch nicht so mein Ding damals.

Mit dem Erwachsenwerden kam ein großer Drang, in die Stadt zu ziehen für mehr „Action“. Bald schon sind grüne Dinge auf meine Fensterbretter eingezogen, und ich hab schnell gelernt, dass Pflanzen echtes Licht brauchen und nordseitige Fenster bescheidenes Potenzial dafür bieten. Nicht einmal die an Kunstlicht gewöhnten Minikoniferen aus dem schwedischen Möbelhaus haben es geschafft. Und dann gab’s immer diesen Drang, rauszugehen, und ein deutlich erhöhtes Wohlbefinden in grüner Umgebung. Das kennen ja die meisten Menschen bewusst oder unbewusst.

An meiner fünften Adresse war es dann soweit, ich konnte mir den Wunsch nach einer kleinen Dachterrasse erfüllen. Zu meinem Einzug Anfang April hat es geschneit, und ein Lavendel-Topf hat als erstes die verschneite Terrasse erobert. Mit jedem Jahr hat sich die Terrasse mehr gefüllt mit großen und kleinen Pflanzgefäßen, Sträuchern, Blumen, Kräutern und Gemüse – von Salat über Tomaten bis Zucchini, ich konnte ernten. Dann war es Zeit für mehr Erde.

Wir sind in ein Haus mit Garten gezogen außerhalb der Stadtgrenze, wo wir eine Fläche ähnlich meinem elterlichen Garten nach und nach gestaltet haben und meine Karriere der Jungpflanzenanzucht begonnen hat, ein faszinierendes Kapitel zum Thema Garten. In dieser Zeit tauchten Fragen in mir auf betreffend meiner beruflichen Zukunft, der Inhalte und Themen. Ich konnte spüren, dass da etwas wartete, konnte es aber lange nicht greifen. Und dann war da dieser Moment in einer Vorbesprechung für ein Seminar an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik. Der Begriff ‚Gartentherapie‘ fiel nebenbei im Gespräch, ich fragte nach und damit kam ein Stein ins Rollen.

Da war er wieder, der Garten. Und eine perfekte Kombination mit Achtsamkeitstraining zum Thema Stressbewältigung. So nahmen diese Dinge ihren Lauf. Bald kam der Wunsch nach (noch) mehr Erde, ländliches Umfeld und Seminare und Coaching im eigenen Haus/Garten halten zu können. Mein Mann hat nach längerer Suche dann diesen Schatz für uns entdeckt. Mit einem ‚nackten‘ Feld und einer Wiese beginnend, die davor von einem Biobauern gepflegt wurden, haben wir seit 2013 diesen Garten aufgebaut.

Als Landwirtschaft mit bio-Zertifizierung betrieben, habe ich fünf Jahre lang im Nebenerwerb Gemüse angebaut und verarbeitet vom Samenkorn bis ins Glas. Durch eine sehr inspirierende Permakultur-Ausbildung bei „Permakultur Austria Akademie“ habe ich viel Bestätigung für meine Haltung zu Natur und Garten und ein großes Repertoire an Gestaltungsmöglichkeiten  bekommen. Der Garten hat sich dadurch noch weiter zu einer Oase entwickelt, die zu jeder Jahreszeit reizvolle Ansichten und Wohlfühlplätze bietet, mit reichlich Raum für Bewegung und wechselnde Perspektiven.

 

Gartengestaltung und Gärtnern bedeuten für mich Kooperation mit der Natur. Ich gehe von dem aus, was da ist, was von allein hier gut wächst, wie der Boden beschaffen ist, wofür er sich eignet. Genauso beginnt der permakulturelle Gestaltungsprozess – der übrigens auch in anderen Lebensbereichen funktioniert. Am Anfang steht das Beobachten aller Gegebenheiten, dann werden Ziele definiert, erst dann beginnt die Analyse und aufgrund dieser ersten drei Schritte wird entworfen. Auf die Umsetzung folgt noch eine Evaluierung. Wenn wir das weniger technisch formulieren, finden wir denselben Verlauf in einem achtsamkeitsbasierten Coaching wieder.

Wir beginnen damit zu sehen, was wirklich ist. Am Anfang steht das Beobachten dessen, was jetzt gerade da ist, die bewertungsfreie Beschreibung der Ausgangssituation. Dann geht es um das An- und Aussprechen von Wünschen, Erwartungen, Hoffnungen. Weiter vertiefend schauen wir gemeinsam, welche Ressourcen da sind, was gelingt leicht, wo sind die Hindernisse im Außen und im Innen, wie sieht die Situation aus verschiedenen Blickwinkeln aus, wer ist aller beteiligt und vieles mehr. Aus all dem entstehen kleinere oder größere Erkenntnisse, mehr Klarheit oder manchmal auch weitere Fragen, die zu möglichen ersten/nächsten Schritten führen. Deren Umsetzung ist dann möglicherweise der Ausgangspunkt für die nächste Coachingeinheit.

Was die Wissenschaft zum Garten sagt

Was die meisten Menschen gut wahrnehmen können, wenn sie z.B. von der Stadt aufs Land und umgekehrt wechseln ist die Tatsache, dass sich das Umfeld, in dem sie sich bewegen, spürbar auf sie auswirkt und sich etwas verändert. „Untersuchungen zeigen, dass der menschliche Körper unwillkürlich auf Elemente der Natur reagiert während Artefakte wie Häuser und Straßen nicht dieselben raschen und ausgeprägten Reaktionen hervorrufen (ULRICH, 1999; 1993; 1984)“ (STIGSDOTTER und GRAHN, 2003b, 2). Das heißt, Natur, Grünraum, der Garten wirken auf uns auch ohne, dass wir es bewusst bemerken müssen.

Seit jeher werden Gärten und natürlich auch Parks und die freie Natur als Erholungsraum genützt. Was viele Menschen bereits bewusst oder unbewusst genießen, wird nach und nach durch Studien belegt. Eine Untersuchung an der Schwedischen Universität für Landwirtschaftliche Wissenschaften berichtet folgendes:  „Die Ergebnisse zeigen, dass die Zugangsmöglichkeit zu einem Garten eine bedeutende positive Auswirkung in der Stressreduktion hat. Es gibt auch einen bedeutenden positiven Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Gartenbesuche und Stressprävention. Die Studie zeigt auch, dass die Menge an Grün im Garten ausschlaggebend für seine erholsame Eigenschaft ist. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass grüne Gärten in der Stadt eine wichtige Rolle spielen, wenn es um das Angebot von Erholungsgebieten geht, unabhängig vom sozio-ökonomischen Hintergrund, von Gender oder Alter der EinwohnerInnen“ (STIGSDOTTER und GRAHN, 2003b, 1).

Viele Aspekte spielen in die Wirksamkeit des Gartens als Erholungsraum hinein:

  • Die Wahrnehmung über die Sinne (Sehen, Hören, Riechen, Fühlen, Schmecken) wird angeregt und gefördert.
  • Die Faszination über die vielen Wunder der Natur fördert Lebendigkeit und Freude.
  • Bewegung in der Natur fördert gleichzeitig körperliche und geistige Gesundheit, erhöht Abwehrkräfte, hebt die Stimmung, vermindert psychosomatische Beschwerden & Depressionen. (vgl. BANKL, 2012)
  • Die Konzentration auf eine Übung mit Materialien der Natur an diesem Ort führt zu Distanzierung von momentan vorhandenen Problemen und ermöglicht neue Blickwinkel.
  • Eine Betätigung im Garten dient dem Freiwerden im Kopf bei belastenden Themen, wenn Gedanken sich im Kreis drehen.
  • Die Betrachtung einzelner Elemente oder des Gartens als Ganzes aus unterschiedlichen Perspektiven fördert das Entstehen anderer/neuer Sichtweisen.
  • Die Reflexion natürlicher Aspekte führt zu Erkenntnissen für andere Lebensbereiche
  • Durch den physischen Kontakt zu Erde, Wasser, Pflanzenmaterial wird der Kontakt zum Lebendigen spürbar gemacht.
  • Die Verbundenheit mit der Natur wird sichtbar und spürbar.
  • Im Körper nachweisbar werden Blutdruck und Herzrate, Hautleitwert- und Cortisolniveau messbar reduziert (vgl. WICHROWSKI et al., 2005, 27).
  • Der Aufenthalt in Garten bzw. Natur insgesamt haben nachweislich eine positive Auswirkung auf die Stimmung (vgl. WICHROWSKI et al., 2005, 27).

 

Neben all diesen positiven Effekten, die der Garten ja schon fast automatisch auf uns hat,  spielt der Garten in meiner Arbeit noch eine besondere Rolle.

 

Jedes Ein-Personen-Unternehmen (wie auch jedes andere Unternehmen), ist ein lebendiger Organismus, der im Fall von EPUs von einer Person getragen wird, die selbst ein lebendiger Organismus ist, der wiederum aus vielen, komplex ineinander verflochtenen Systemen (Organen) besteht, und als Mensch in seinen vielen unterschiedlichen Rollen in alle Richtungen mit unzähligen anderen Systemen (Organismen) vernetzt ist. Das gleiche Prinzip erkennen wir in der Natur und damit auch in einem Garten, der in Kooperation mit der Natur gestaltet wird. Hier sind systemische Prozesse und Muster oft leichter erkennbar, weil wir sie von außen und mittendrin stehend betrachten können. Auf diese Weise kann uns der Garten inspirieren, die Vernetzungen innerhalb unserer eigenen Systeme deutlicher wahrzunehmen und zu reflektieren.

Diese beiden Aspekte – Stressreduktion und ein Blick auf die eigenen Muster und Systeme – bilden gemeinsam mit der Achtsamkeitspraxis das Fundament meiner Arbeit mit Ihnen für ein gesundes und erfüllendes Berufsleben und wahrscheinlich darüber hinaus.

Einladung zu einem Rundgang

Den Abstand zum Trubel des Alltags schätzen meine Kundinnen besonders, wenn sie hier ankommen. Sie erleben ein Eintreten in die Ruhe dieses Raumes, den die Natur in diesem besonderen Garten gestaltet und in den ich so wenig wie nötig eingreife. Mein Credo für den Garten ist ‚Kooperation mit der Natur‘. Der Seminargarten liegt am Rand von Ameis, eingebettet in die sanften Hügel des nördlichen Weinviertels. Der Zugang liegt abseits der Hauptstraße, dort treffen wir einander. Aufgrund der hügeligen landschaftlichen Prägung verrät er nicht sofort seine ganze Weite, prahlt erst einmal mit üppiger Vegetation in Form von altem, hohem Baumbestand, dichten Hecken und saftigem Gras.

Wir gehen ein kleines Stück weiter bergauf und kommen, um eine Kolonie wilder Zwetschkenbäume biegend, zu einem kleinen Holzhaus mit einer Feuerstelle davor. Das ist der Platz an dem unsere gemeinsame Arbeit, eine Kurs- oder Coaching-Einheit, ihren Anfang nimmt. Doch jetzt machen wir erst einmal einen Rundgang.

Weite grüne Wiese mit gelben Blüten, umgeben von Bäumen, im Hintergrund ein Folientunnel und Häuser. Ruhige, offene Landschaft.

Der Seminargarten besteht aus zwei schmalen, langen ehemaligen Feldstreifen, die inzwischen in unterschiedliche Gartenräume unterteilt sind. Das gibt Struktur, Abwechslung, schafft Übergänge, bietet geschütztere und weitere Bereiche. Er lädt ein zu Gesprächen im langsamen Gehen oder im Verweilen an einem Platz, zum Beobachten und Lernen, zu Stille und Rückzug und manchmal auch zum gemeinsamen Tun. Er lädt die Aufmerksamkeit ins Jetzt ein, an diesen Ort, genau in diesem Moment.

Rotes Holzhaus mit weißem Balkon, daneben hohe Gräser und Bäume. Sommerlich-lebendige Stimmung.

Vom Holzhäuschen geht man nach Osten leicht bergauf, zwischen den hochgewachsenen Wildkräutern schaut eine Totholzhecke heraus, die sich entlang der Höhenlinie schräg zum Hang schlängelt. Wir gehen hier über eine Wildblumenwiese, links und rechts gesäumt von alten Obst- und Nussbäumen, dichten Hecken aus Weißdorn, Liguster, Hartriegel, Feldahorn und Wildrosen.

Wir kommen zum höchsten Punkt dieses Gartenbereiches, wo sich ein neuer Raum auftut. Eine Holzterrasse bietet Überblick über die unmittelbare Umgebung und Ausblick z.B. zur Staatzer Burg in der Ferne, ermöglicht den Blick zurück und den Blick nach vorn hier im Garten, ein Platz zum Meditieren oder für sanfte Yoga-Übungen.

Grüne Wiese mit Schatten und hellem Sonnenlicht, seitlich ein Baum, dahinter Waldrand. Lebendige, frische Stimmung.

Weiter geht’s über die Wildkräuterwiese, die sich hier mit anderer Vielfalt, im Sommer in anderen Farben präsentiert, weiter hinten leicht abfallend, noch immer gesäumt von Bäumen und Hecken.

Das ist ein Gartenraum, der Weite bietet und doch auch einen schützenden Rahmen. Ganz hinten in der Senke führt ein schmaler Weg nach links hinunter auf das untere Feld und da direkt in den Obstgarten. Marillenbäume und eine Kirsche sind hier prominent im Halbkreis angeordnet. Wir halten uns jetzt rechts und gehen den steilen Hang hinauf, der untergliedert ist durch Sickergräben entlang der Höhenlinien, an denen junge Obstbäume stehen.

Ganz oben halten wir inne für einen Moment und genießen von hier aus den Weitblick nach Westen und Norden. Die typische landschaftliche Prägung dieser Region mit ihren sanften Hügeln, überzogen von Feldern, Windschutzhecken, dörflichen Strukturen in den seichten Tälern eingebettet oder an Hängen, ist von hier aus auf einen Blick erkennbar und wirkt von sich aus schon beruhigend. Wir wandern wieder hinunter, meandernd zwischen den Sickergräben, durch große Flächen Walderdbeeren, vorbei an stolz aufragenden dekorativen Gräsern, die sich sanft im Wind neigen, Johanniskraut, Kugeldisteln, Klee und vielem mehr.

Nach dem Obstgarten, vorbei an Nussbäumen und einer großen Wildrosenhecke nähern wir uns dem Gewächshaus, wo wir je nach Jahreszeit uns etwas betätigen oder sogar etwas Frisches verkosten können. Mit ein paar Schritten etwas steiler bergauf kommen wir zurück auf die obere Wiese bei der Terrasse, von wo aus wir den Rückweg zum Holzhaus antreten. Der Blick auf das kleine Haus aus dieser Perspektive ist besonders reizvoll und lädt ein zum ‚Heimkommen‘ und Resümieren. Dann begleite ich Sie noch zur kleinen Hintaus-Straße hinunter, verabschiede mich und freu mich aufs nächste Mal.

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