Achtsamkeit ist ein vielschichtiger Begriff und sehr gerne genützt in allen möglichen Zusammenhängen. Es ist modern geworden, das Wort Achtsamkeit in eine Überschrift zu inkludieren, in den unterschiedlichsten Kontexten. Achtsamkeit wird gerne gleichgesetzt mit Begriffen wie Aufmerksamkeit, Höflichkeit, Sorgsamkeit, Umsicht, Vorsicht, oder auch Langsamkeit. Das sind Komponenten oder Auswirkungen der Achtsamkeit.
Wahrnehmung
Achtsamkeit ist eine Form der Wahrnehmung in einer bestimmten inneren Haltung und einem wachen und gleichzeitig ruhigen Geisteszustand. „Achtsamkeit ist eine besondere Form von Aufmerksamkeit – bewusst, im gegenwärtigen Moment und ohne zu urteilen.“ (Jon Kabat-Zinn, 2009). Diese Einstellung ermöglicht das bewusste Bemerken und Annehmen dessen, was jetzt gerade ist ohne es zu bewerten. Dadurch entsteht ein winziger Abstand, ein Raum der inneren Ruhe, der Klarheit ermöglicht für bewusste Entscheidungen und Handlungen – statt automatische Spontanreaktionen, die nicht immer zu unserem Vorteil sind. Die achtsame Haltung führt ebenfalls dazu, dass Menschen sich mit der Zeit selbst besser annehmen können, d.h. freundlicher / weniger selbstkritisch mit sich selbst sein können (self-compassion/Selbstmitgefühl), v.a. wenn es um Fehler oder subjektiv empfundene Unzulänglichkeiten geht. Es geht dabei nie darum, sich etwas schön zu reden. Sondern darum, die Dinge so zu sehen, wie sie nun mal sind, und die eigenen Bewertungen dazu wahrzunehmen, Verantwortung zu übernehmen und bewusst zu handeln – statt zu reagieren.
„Selbstwahrnehmung ist ein Bestandteil jedoch nicht gleichzusetzen mit Achtsamkeit“ (WALACH et al., 2006, 1550). Es ist die besondere Qualität der neugierigen und für Erfahrungen bereiten Offenheit, die uns dabei unterstützt, auch uns selbst zu sehen wie wir sind. Im Alltag bei allzu lästigen oder stressigen Dingen ist diese Offenheit oft nur schwer zugänglich.
„Das Konzept der Achtsamkeit ist ein zentraler Punkt in der buddhistischen Lehre in Bezug auf die Wichtigkeit von Bewusstheit (HAYES, 2003). Es beschreibt eine Tugend, die es in Form von Meditation und Praxis im Alltag zu pflegen gilt, und bezieht sich auf einen wachsamen Modus, der alle Ereignisse im Geist wahrnimmt – Wahrnehmungen, Empfindungen, Erkenntnisse, Gefühle. Ein weiteres wichtiges Element ist eine warme und freundliche, annehmende und nicht-wertende Haltung gegenüber diesen Ereignissen unseres Geistes. Das Weglassen kategorisierender Bewertungen, die normalerweise einer Wahrnehmung sehr rasch folgen, ist ein integraler Bestandteil der Achtsamkeit“ (WALACH et al., 2006, 2).
Achtsamkeit ist ein wichtiges Prinzip und eine grundlegende Übung der Geistesschulung in östlichen, meist buddhistischen Meditationsansätzen. Wir finden aber auch in christlichen und anderen kontemplativen Wegen Elemente von Achtsamkeit und Achtsamkeitspraxis. Gleichzeitig ist Achtsamkeit eine allgemeine menschliche Fähigkeit und in diesem Sinne wird sie in MBSR und anderen achtsamkeitsbasierten Programmen gelehrt und geübt.
Bei der Schulung der Achtsamkeit geht es darum, diese menschliche Fähigkeit in uns zu stärken, sodass wir sie nicht nur in besonderen Moment zufällig erleben, sondern immer häufiger im Leben zur Verfügung haben.
Achtsamkeit ermöglicht uns, wach und bewusst zu sein und zu erkennen, wo unsere Aufmerksamkeit in jedem Moment unseres Lebens gerade ist, und mit beiden Beinen auf der Erde zu stehen, auch inmitten eines tobenden Sturms.
Die Haltung der Achtsamkeit hilft uns, weniger aus Vorurteilen und Ängsten heraus zu leben, sondern den Augenblick so wahrzunehmen, wie er gerade ist. Dadurch wächst in uns nach und nach eine innere Stärke, die es uns ermöglicht, auch mit schwierigen Situationen im Leben hilfreich umzugehen, was wiederum die Angst und das Stressniveau senkt.
„Wir betrachten Achtsamkeit als einen Prozess der Aufmerksamkeitslenkung, um eine Qualität von nicht-wertender Bewusstheit in eine momentane Erfahrung, und – durch eine Ausrichtung geprägt von Neugier, erfahrungsorientierter Offenheit und Akzeptanz – Qualität in die Beziehung zum eigenen Erleben zu bringen“ (BISHOP et al., 2004, 234). Das bedeutet, in einem achtsamen Moment nehmen wir nicht-wertend das momentane Geschehen im Außen und im Innen wahr und auch unsere Beziehung zu unserem eigenen Erleben.
Eine kleine Übung
Sie sitzen in Ihrem Büro an Ihrem Schreibtisch. Positionieren Sie sich so, dass Sie Ihren Blick durch den Raum schweifen lassen können. Nehmen Sie sich fünf Minuten Zeit. Während Ihr Blick schweift, langsam, nach vor, zurück, links, rechts, in die Ecken, auch zum Boden, zur Decke, die Wände entlang …. Was können Sie sehen? Gegenstände, Möbel, Bilder, Pflanzen, Kisten, Bücher, Kaffeetassen ….
Und während Sie so schauen, welche Gedanken kommen da auf? …. Über die Dinge, die Sie sehen, ihre Geschichten, ihren Zustand …. Gibt es sogar ein Gefühl oder Gefühle, die sich bemerkbar machen? ….. Einfach nur beobachten, ohne richtig oder falsch.
Nach ein paar Minuten beenden Sie die Übung. Wenn Sie mögen, schließen Sie für einen Moment die Augen, um kurz zu reflektieren. Was haben Sie gerade erlebt? Welche Beobachtungen haben Sie gemacht: an Objekten, an Gedanken, an Gefühlen? Ohne diese Beobachtungen zu beurteilen. Und welche Wirkung hat dieses Betrachten Ihres Büros auf Sie?
Um diese zwei Ebenen geht es:
- Wahrnehmen von (z.B.) Objekten im Außen und Ihrer Gedanken/Gefühle im Innen
- Wahrnehmen Ihrer Beziehung zu dem, was Sie erleben: Was machen Ihre Beobachtungen mit Ihnen? … in einer neugierigen, offenen, akzeptierenden inneren Haltung. Wir stecken nicht drin, emotional verhaftet, sondern schauen aus einer winzigen (inneren) Distanz darauf, was das Geschehen mit uns macht – ohne zu bewerten.
Wahrnehmung passiert über unsere Sinne – Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Spüren -, alles andere ist Kopfkino. Und da können wir ansetzen.
„Wenn du etwas verändern willst, musst du die Dinge erst einmal so sehen wie sie sind“ (GUNARATANA, 1996). Die Grundlage für Veränderung ist Anerkennung dessen, was ist.
Achtsamkeit hilft uns, „Qualität in die Beziehung zum eigenen Erleben zu bringen“ (BISHOP et al., 2004, 234). Das bedeutet, dass wir beobachten können, wie wir etwas erleben und wie wir reagieren. So lernen wir auch unsere eigenen Muster kennen, indem wir sie beginnen zu erkennen, möglichst ohne Bewertung anzuerkennen und immer rascher zu bemerken, wenn sie wieder auftauchen. Was wir einmal sehen können, können wir auch verändern – wenn wir uns dafür entscheiden.
Grundlagen der Achtsamkeit
JON KABAT-ZINN (2009) beschreibt die Grundlagen der Achtsamkeit mit folgenden Aspekten: Nicht-Bewerten, Nicht-Tun, Loslassen, Vertrauen, Geduld, Anfängergeist und Akzeptanz.
Nicht-Bewerten heißt Dinge im Außen genauso wie unsere eigenen Körperempfindungen, Gedanken und Gefühle als das wahrzunehmen, was sie sind. All unser Erleben als subjektiv und vergänglich zu erkennen und nicht als unumgänglich und unveränderlich.
Nicht-Tun heißt: nicht automatisch reagieren, stattdessen innehalten und diesen winzigen Raum für sich selbst schaffen, um die Realität vom Kopfkino zu trennen, klarer zu sehen und bewusster zu entscheiden.
Loslassen hilft uns, uns von Erwartungen, festgefahrenen Meinungen, alten Sichtweisen zu lösen, und eben offen zu sein, für das, was jetzt da ist und damit vielleicht für eine neue, un-erwartete Erfahrung.
Vertrauen in das Leben, in sich selbst.
Geduld mit sich selbst, mit anderen, mit Lern- und Veränderungsprozessen, die man selbst initiiert oder die von außen kommen.
Der Anfängergeist ist die oben beschriebene neugierige Offenheit, die gerne mit der Neugier, dem Entdeckungsdrang und dem Staunen eines Kindes verbildlicht wird. Als Erwachsene kennen wir den Anfängergeist gut, wenn wir etwas Neues anfangen, das uns sehr interessiert. Da sind wir ganz dabei bis die ersten Routinen entstehen. Spannend ist es, diesen Anfängergeist in Alltagssituationen zu bringen, die manchmal ein bisschen nervig sind.
Die Akzeptanz, das Annehmen, ist einer der am schwierigsten zu vermittelnden und anzunehmenden Aspekte. Häufig wird die Akzeptanz missverstanden und interpretiert als etwas aushalten müssen, ein Schulterzucken oder sogar Resignation.
An dieser Stelle möchte ich gerne einfügen: ich bin keine Freundin von krampfhaft positiv Denken! Sie erleben etwas als schmerzvoll – physisch oder emotional – und jemand sagt zu Ihnen: „Sieh es doch mal positiv!“ oder „Vielleicht hat’s auch was Gutes?!“ Das empfinden die meisten Menschen dann nicht als sehr hilfreich und fühlen sich nicht ernst genommen. Die Haltung der Achtsamkeit lädt uns ein, in Momenten, in denen der Fokus klar auf Schmerz ausgerichtet ist (weil das auch sehr menschlich ist), den Blickwinkel zu erweitern, um zu sehen, was darüber hinaus noch da ist. Das kann Trost und momentane Beruhigung bewirken oder sogar eine neue Perspektive eröffnen.
Akzeptanz ist tatsächlich eine sehr aktive Haltung und Herangehensweise. Sie ermöglicht uns, eigenverantwortlich, selbstbestimmt und konstruktiv, mit einer unbeeinflussbaren Situation umzugehen, indem wir innehalten und erst einmal sehen was wirklich ist – Außen und Innen inklusive. Das ist leicht gesagt. Gegebenheiten, die uns sehr einschränken, belasten, in unser Denken, Fühlen und Wollen tiefgreifend einschneiden, erfordern mitunter mutige Zuwendung und viel Selbstmitgefühl. Mit dem Potential, aus einer depressiven Stimmung (die als erste Reaktion in sehr schwierigen Situationen nur allzu menschlich und verständlich ist) herauszutreten und einen aktiven, gesunden Umgang damit zu finden.
Aus dem Sehen was ist entstehen Erkenntnisse
„Weiter sehen wir Achtsamkeit als Prozess der Einsichtsgewinnung in die Natur des eigenen Geistes und die Annahme einer de-zentrierten Sichtweise … auf Gedanken und Gefühle, so dass sie in Bezug auf ihre Subjektivität (versus ihrer unumgänglichen Gültigkeit) und in ihrer vergänglichen Natur (versus ihrer Beständigkeit) erfahren werden können“ (BISHOP et al., 2004, 234).
Zwei allzu typische Annahmen sehr vieler Menschen sind:
- meine Sicht einer Situation ist die Wahrheit: ich sehe nicht, dass es meine subjektive Betrachtung ist und andere Betrachtungsweisen möglich sind
- Zustände, v.a. unangenehme, sind anhaltend / bleiben für immer: ich erkenne nicht, dass alles im Leben sich permanent verändert, wenn auch nur in winzigen Teilbereichen oder Schritten, kein Moment ist exakt wie der vorherige, kein Tag exakt wie der andere etc.
Durch die Praxis der Achtsamkeit beginnen wir, unseren Blickwinkel zu erweitern und mehr zu sehen, als nur den schmerzenden Moment. Eine von vielen Auswirkungen während der ersten Jahre des MBSR-Programms war, dass Menschen mit chronischen Schmerzen ihre Aufmerksamkeit über den alltäglichen, alles bestimmenden Schmerz hinaus erweiterten und mit der Zeit zu der Erkenntnis kamen, dass es andere Lebensbereiche gab, die gut oder einfach ok und in diesem Sinne ‚schmerzfrei‘ waren. Eine solche Erkenntnis kann zu einer anderen individuellen Definition von Wohlbefinden führen.
Als ich durch meine eigene Achtsamkeitspraxis begann, meine Migräne in ihrem Verlauf näher zu beobachten, machte ich drei sehr interessante Erfahrungen.
Viele Menschen kennen Migräne, dieser schier unerträgliche Schmerz, meist einseitig, die Empfindlichkeit für Licht und Geräusche, nicht sprechen können und wollen, einfach nur liegen und leiden …. Ich hatte das Glück, dass es nie länger als 24 Stunden dauerte. Meine Gedanken kreisten dann regelmäßig um den Schmerz: „Das ist so schrecklich! Diese Schmerzen! Ich ertrag das nicht. Jetzt kommt die Übelkeit …“ Was denn auch sonst?
Einmal war es anders. In einem Moment wurde mir plötzlich bewusst, was ich eigentlich wusste: Der Schmerz sitzt im Kopf, linksseitig. Und sonst nirgends!! Ich überprüfte andere Körperteile: die Hände, Arme, Beine, Füße, mein Rücken, Bauch, sogar die Nase, die Ohren … nichts davon tat irgendwie weh! „Es ist nur der Kopf! Der Rest ist schmerzfrei!“ Das war meine Erkenntnis in dem Moment, und die war erleichternd. Für mich, in diesem Moment. Davon hätte mich niemand anders durch Zureden überzeugen können, und ich könnte es auch nicht durch Zureden weitergeben.
Migräne: links typische Wahrnehmung, der Schmerz dominiert alles der restliche Körper wird kaum wahrgenommen; rechts derselbe Schmerz ist da, und jetzt wird auch der ganze restliche Körper wahrgenommen, in dem Fall sogar als schmerzfrei
Ein anderes Mal bemerkte ich, dass es ein winziges physisches Zeichen gibt, wenn die Tabletten zu wirken beginnen. Es ist wie ein kleiner, kurzer Negativausschlag der (Schmerz-)Kurve, die permanent oben auf Hochspannung zu sein scheint und dann blitzschnell ohne Vorwarnung ein klein wenig nach unten nachlässt. Mit einigem Abstand wiederholt sich dieses Signal, mit der Zeit werden die Abstände geringer, die Dauer länger und spürbarer, bis ganz langsam sich die Kurve nach unten neigt. Seit damals erinnere ich mich selbst daran, dass auch dieser Schmerz vorbeigeht, und ich weiß, auf welches erste Anzeichen ich mich verlassen kann.
Dieses Phänomen erleben wir auch mit unseren Emotionen. Sie sind nicht von Dauer, auch wenn es sich so anfühlt. Das Wissen darum kann uns helfen, v.a. mit schwierigen Gefühlen umzugehen. Auch die Migräneattacken haben übrigens mit dem Älterwerden nachgelassen.
Der Schmerz lässt nach: das Wissen um dieses erste, winzige Signal ermöglicht mir, schon viel früher Entspannung zu erleben
Und wieder ein anderes Mal hatte ich Migräne an einem Seminartag. Ich bin mit heftigen Kopfschmerzen aufgewacht. Das hat mich traurig gemacht, weil ich mich auf diese Gruppe und den Tag mit ihnen gefreut hatte. Die ersten Tabletten haben ein bisschen geholfen. Ich konnte mich mit dem Autoeinladen und Plänen für den Tag genug ablenken, um nicht in trübe Gedanken zu verfallen. Am Vormittag habe ich dann jede Minute, die ich nichts vorzutragen hatte, genützt, um mich hinzusetzen und meinen Fokus nach innen zu richten, immer wieder bei meiner inneren Ruhe anzudocken.
Ich habe alle wahrnehmbaren körperlichen Empfindungen in Stille im Geist beschrieben, sie benannt ohne sie zu bewerten: Füße spüren den Kontakt zum Boden, Oberschenkel sind entspannt, Sitzfläche spürt Sessel, Wärme, Kühle, Spannung im Rücken etc. und im Kopf: Da ist ein Stechen …. ein Pochen links oben …. jetzt weiter hinten unterhalb …. Das hat sich als hilfreicher erwiesen anstelle von „Dieses grauenvolle Stechen“.
In der Mittagspause habe ich mich zurückgezogen, den Schmerz zwar durchaus wahrgenommen aber auf achtsame Weise auch da sein gelassen. Natürlich erfordert auch das zusätzliche Konzentration und eine gewisse Anstrengung, das ist keine ganz leichte Übung. Es ist eine Form der achtsamen Hinwendung. Es ändert auch nichts am tatsächlichen Geschehen, das bleibt. Es geht um den Umgang damit, der es mir an dem Tag ermöglicht hat, zu arbeiten.
Am mittleren Nachmittag hab ich dann meine Grenze erreicht. Meine Geduld kam zu einem Ende, ich wurde sauer auf die Migräne. Von einem Moment auf den anderen wurde das Lachen mit der Gruppe zur Tortur, erste Anzeichen von Übelkeit kamen auf, ich entschied mich, das Seminar früher zu beenden – mit vollstem Verständnis der Teilnehmenden.
Jon Kabat Zinn sagt: „Der Sturm muss sich austoben, aber mit Achtsamkeit betrachtet
nimmt er einen anderen Verlauf.“
Ich möchte damit nicht propagieren, die eigenen Grenzen permanent zu überschreiten, den Körper zu überfordern, immer weiter …. Gerade selbständige Frauen kennen das nur zugut: egal wie es ihnen körperlich oder emotional geht, verlorene Arbeitszeit ist finanzieller Verlust, krank sein geht nicht, Urlaub mit schlechtem Gewissen. Achtsamkeit kann uns helfen, unsere Grenzen von innen her – d.h. bewusst und selbst-bestimmt – ein wenig zu erweitern, immer wissend, wann wir selbst Stopp bzw. Nein sagen wollen oder müssen. Wenn Sie eine große Dauerbelastung erleben, ist es notwendig, genau hinzuschauen, was Ihnen gut gelingt, mögliche Optionen zu sehen und ggfs Entscheidungen zu treffen.
Achtsamkeitspraxis – die Übungen
Eine wichtige Grundlage, um Achtsamkeit in den Alltag und das Leben zu integrieren, ist die formelle Praxis in Form von regelmäßiger Meditation. Die Achtsamkeitsmeditation fokussiert darauf, Körper und Geist zu beobachten und den Geist immer wieder geduldig und freundlich in den jetzigen Moment zurückzuführen. Vorrangige Objekte der Aufmerksamkeit sind der Atem und die Beobachtung von Körperempfindungen, Gedanken und Gefühlen. Regelmäßige Meditation erhöht mit der Zeit die Fähigkeit, im Alltag immer mehr Momente bewusst zu erleben. Diese gesteigerte Bewusstheit im Jetzt fördert z.B. Gelassenheit in stressigen Situationen genauso wie das Empfinden tiefer Freude in einem schönen Moment. Wie dieser Teil der Achtsamkeitspraxis in Ihrem Alltag aussehen kann, schauen wir uns im Einzelcoaching gemeinsam an.
Die informelle Praxis umfasst Alltagsroutinen, die wir normalerweise automatisch und weitestgehend unbewusst verrichten, die uns aber achtsam betrachtet laufend Gelegenheiten liefern, um innezuhalten und den Augenblick bewusst wahrzunehmen. „Aus der Sicht der Achtsamkeit sind die alltäglichen Verrichtungen genau die Essenz unseres Lebens, denn wir haben immer nur diesen einen Augenblick, in dem wir lebendig und präsent sein können. Von Moment zu Moment im Leben sein, das bedeutet Achtsamkeit“ (LEHRHAUPT und MEIBERT, 2010).
Quellen:
BISHOP, S. R., LAU, M., SHAPIRO, S., CARLSON, L., ANDERSON, N. D., CARMODY, J., et al. (2004): Mindfulness: a proposed operational definition. Clinical Psychology: Science and Practice, 11, 230–241.
GUNARATANA, M. H. (1996): Die Praxis der Achtsamkeit. Heidelberg: Werner Kristkeitz Verlag.
KABAT-ZINN, J. (2009): Gesund durch Meditation. 7.Auflage, Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag.
LEHRHAUPT, L., MEIBERT, P. (2010): Stress bewältigen mit Achtsamkeit – Zu innerer Ruhe kommen durch MBSR. München: Kösel-Verlag.
WALACH, H., BUCHHELD, N., BUTTENMÜLLER, V., KLEINKNECHT, N., SCHMIDT, S. (2006): Measuring mindfulness – the Freiburg Mindfulness Inventory (FMI). Elsevier Limited, www.sciencedirect.com.